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Mehr als Nein-Sagen lernen

Gewaltprävention für Mädchen an der Grundschule Lindlar-Ost

Von SABINE LUDWIG

LINDLAR. Der Mann greift durch das geöffnete Fenster der Autotür und versucht, das Mädchen festzuhalten und in den Wagen zu zerren. Die setzt sich jedoch zur Wehr, schlägt erst sein Handgelenk auf den Fensterrahmen und beisst ihn anschließend in den Arm. Das ist nur eine Szene, die gestern dass Sicher-Stark-Team mit 30 Mädchen der dritten und vierten Klassen der Grundschule Lindlar-Ost durchgespielt hat. Seit zehn Jahren arbeitet das Sicher-Stark-Team quer durch die Bundesrepublik im Bereich der Gewaltprävention. Mehr als 100.000 Grundschüler wurden bereits unterrichtet. Und das möglichst realitätsnah: Alles, was Diplom- Pädagogin Julia Schlegel und Ralf Schmitz, Kampfsporttrainer und ehemaliger Polizeibeamter, den Kindern erzählen, wird im nächsten Moment geprobt: "Denn nur so lernen sie, Hemmungen zu überwinden", so Schlegel. Und so schreit Laura laut, "Lass mein Handgelenk los. Hör auf, ich will das nicht", als im Rollenspiel ein Junge sie wegzerren will. Sie sieht in entschieden an, guckt böse, und - als alles nichts hilft, rettet sich mit einem Selbstverteidigungsgriff aus der Situation. "Die Mädchen lernen, dass sie Nein- Sagen dürfen und nur angenehme Berührungen zulassen müssen", sagt Schlegel (auch wenn die Oma "nur" mit ihrer eigenen Spucke den Krümel am Mundwinkel der Enkelin beseitigen will) - und das ist umso wichtiger, als die meisten Übergriffe nicht von Fremden kommen, sondern im "sozialen Nahbereich", also innerhalb des Familien - und Bekanntenkreises geschehen. Möglichst wirklichkeitsgetreu will das Sicher-Stark-Team arbeiten. Und so bekommen die Mädchen eine Reihe von Tipps bei den Rollenspielen: Was mache ich, wenn ich mich verfolgt fühle, wenn mich ein Fremder anspricht, ich erpresst werde, ich alleine zu Hause bin und es an der Tür klingelt? Oder wie soll das Mädchen reagieren, wenn ein Fremder kommt, um das Kind angeblich vom Schulhof abzuholen, weil die Mutter einen Unfall hatte? Ralf Schmitz rät in diesem Fall beispielsweise nicht nur, wieder zurück in die Schule zu gehen und nachzufragen, sondern auch zu einem Familienpasswort, das "nicht einmal dem besten Freund verraten werden darf": Denn dann kann im "echten" Notfall auf das Passwort zurückgegriffen werden - und das Kind weiß, ob es Vertrauen haben darf. Nachdem vor Monaten auf der Strecke von Lindlar-Ost nach Eichholz eine Schülerin aus dem Auto heraus von einem Fremden angesprochen wurde, engagierten Schule und Förderverein das Sicher-Stark-Team. Damals, das bestätigte Polizeisprecher Ernst Seeberger, wollte der Unbekannte wohl tatsächlich nur nach dem Weg fragen. Seeberger: "Gleichzeitig reagierte aber das Mädchen richtig und holte sich Hilfe beim nächsten Erwachsenen." Und so geht es den Sicher-Stark-Experten auch nicht um Panikmache, sondern darum, das Kinder Situationen einschätzen lernen, mutiger und selbstsicherer werden und um Verhaltenstipps für den Notfall wissen. Grundschullehrerin Inge Thelen ist begeistert von dem Präventions-Team: " Sie arbeiten kindgerecht, schaffen ein Wir-Gefühl - und so machen die Mädchen begeistert mit."

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